Kungfu (gōngfu, 功夫) bedeutet das Training und die Beherrschung des eigenen Körpers, seiner Kraft und Entspannung, Schnelligkeit und Schwere, seines Gleichgewichts.
Wer Kungfu praktiziert, übt jedoch nicht nur seinen Körper. Konzentration, Willensstärke, Ruhe, Sanftmut, Selbstbeherrschung und das Wissen um die Wirkung der eigenen Handlungen sind wichtig für diejenigen, die Kampfkünste erlernen. Eigentlich bedeutet Kungfu wörtlich Fleiß, Mühe oder Fertigkeit, etwas dem man sich mit Hingabe widmet. Dementsprechend kann Kungfu jede Form von Kunstfertigkeit bezeichnen, die durch anhaltendes Studium und den ständigen Wunsch nach Verbesserung erlernt wird.
Ein anderer Begriff, der sich für die Kampfkünste entwickelt hat, ist der des Wushu (wǔshù, 武術). Der Begriff ist zweideutig. Ursprünglich in seiner wortwörtlichen Übersetzung „Kampfkunst“ als Synonym für verschiedenste chinesische Kampfstile benutzt, beschreibt er im heutigen Sprachgebrauch oft das sehr akrobatische vor allem für Wettkämpfe und Zirkusvorführungen verwendete Kungfu, in dem sich sehr viele Jugendliche an chinesischen Staatsakademien, aber auch an privaten Schulen, ausbilden lassen.
In Indonesien, wohin in den letzten Jahrhunderten viele Chinesen ausgewandert sind und ihre Familienstile mitgebracht haben, wird „Wushu“ im ursprünglichen Sinn benutzt oder der Begriff Kuntao (拳道), der „Weg der Faust“, verwendet. Das Kuntao, ein Sammelbegriff für alle südchinesischen Stile, vermischt sich zuweilen mit den Kampfkünsten, die unter Silat zusammengefasst werden und im Gegensatz zum Kuntao vorwiegend von der malaiischstämmigen Bevölkerung gepflegt werden.
Das Tan Kee Tze Wei Suk (譚家自衛術), unser Stil, gelangte vor vielen Jahren mit Meister Ariestanto Jakobs nach Deutschland. Er lehrt in Nordhorn und hilft uns, hier in Berlin den Stil seiner Familie zu üben.
Ariestanto Jakobs, mit chinesischem Namen Tan Tjing Lok, ist Gründer und Lehrer des Wushu Vereins Nordhorn. Sein Nachname Tan ist der einer großen Familie in der Provinz Hokkien in Südchina. Wie viele andere so entwickelte auch seine Familie ihre ganz spezielle Kampfkunst, die nur von den Eltern an die Kinder weitergegeben wurden, eine geheime Kunst, die bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts nicht an Außenstehende weitergegeben werden durfte.
Als Ariestantos Urgroßeltern China verließen, änderte das nichts an dieser alten Tradition. Sie blieben ihrer Tradition verbunden und lehrten ihre Kinder weiterhin das Wushu ihrer Familie, einen südchinesischen Shaolin-Stil. Mit 8 Jahren begann Ariestanto von seinem Vater Wushu zu lernen. Mit 15 Jahren ging er bei Meister Tan Sing Tjay, der ebenfalls aus der Familie Tan stammte, in die Lehre und konzentrierte sich auf Selbstverteidigung. Der Wunsch zu lernen, möglichst effektiv zu kämpfen, um die eigenen Chancen zu verbessern, führte dazu, dass es nicht bei diesem einen Lehrer blieb. In den folgenden Jahren ging Ariestanto bei drei weiteren Wushu-Meistern in die Lehre, lernte dazu noch Judo, Jiu-Jitsu, Pencak Silat und Kyokushinkai Karate.
Mit 19 Jahren erlitt Ariestanto einen Unfall, der eine starke Beeinträchtigung seiner Schulter zur Folge hatte. Das war ein schlimmes Ereignis für ihn, denn er konnte nun kaum noch eine der bisher erlernten Techniken verwenden ohne sich selbst und seine Gesundheit zu gefährden. So ging er auf die Suche nach einem Wushu-Meister, der sich auf Heilmassage und Kräuteranwendungen verstand. Er fand den 73-jährigen Meister Yap Hong Kui, der versuchte, ihm zu helfen – leider nicht mit dem Erfolg, den Ariestanto sich erhofft hatte. Er erfuhr jedoch, dass Yap Hong Kui ein ausgezeichneter Lehrer und ein Meister des weichen Wushu war und bemühte sich, von ihm als Schüler aufgenommen zu werden.
Doch der alte Meister lehnte ab. Er fühlte sich zu alt, um noch neue Schüler zu unterrichten. Aber vor allem begründete er seine Ablehnung damit, dass er nie wieder einen Schüler ausbilden wolle, nachdem ihm seine beiden besten Schüler Unehre gemacht hätten, indem sie die als reine Selbstverteidigung erlernten Techniken für Provokationen und Schlägereien missbraucht hatten.
Ariestanto setzte nun alles daran, diesem Meister zu beweisen, dass er ein würdiger Schüler sei. Er besuchte ihn jeden Tag und schließlich willigte Yap Hong Kui ein. Er lehrte Ariestanto die Grundprinzipien des weichen Wushu, und führte ihn damit in ein ganz neues Denken und Handeln ein. Dieses Wushu war nicht hart und aggressiv sondern weich und defensiv – und dabei außerordentlich effektiv. Die neuen Erkenntnisse ließen Ariestanto nicht mehr los. Auf der Grundlage des weichen Wushu entwickelte er neue Techniken – fließend und schnell, weich und doch fest. Und er entwickelte sein neues Wushu so, dass er es auch mit seiner kranken Schulter gut ausführen konnte. Er nannte es Tan Kee Tze Wei Suk, die „Selbstverteidigungskunst der Familie Tan“.
1982 gründete er in Deutschland den Wushu Verein Nordhorn e.V., und seine Schüler trugen das Tan Kee Tze, wie wir es heute nennen, nach Berlin.